Du hast es sicherlich auch schon bemerkt – kurz nach Bekanntgabe deiner Schwangerschaft überschlagen sich die „gut gemeinten“ Tipps und Ratschläge zum Thema Stillen. Einige davon sind sicher hilfreich und werden dir helfen, den Stillbeginn mit Leichtigkeit zu meistern, doch andere sind einfach nicht wahr. Wir haben uns nach den häufigsten Irrtümern über das Stillen umgeschaut und hier für dich die 25 größten Ammenmärchen zum Stillen zusammengetragen.
# 1. Mütter müssen viel trinken, damit sie genug Milch haben
Falsch! Nicht die Trinkmenge der Mutter, sondern die Nachfrage regelt das Angebot. Wenn viel Milch angefordert wird, dein Baby also häufig an der Brust trinkt, dann wird auch mehr Milch gebildet. Selbstverständlich sollte die Mutter trotzdem ausreichend und nach Durst trinken. Als Faustregel gilt, die normale Trinkmenge beizubehalten und beim Stillen ein zusätzliches Glas zu trinken.
Trotzdem kann es sein, dass du nicht genug Milch bildest. Das hat aber wie gesagt nichts mit deiner Trinkmenge zu tun, sondern kann unterschiedliche Ursachen haben. Wenn du die Milchbildung anregen möchtest, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
# 2. Abends reicht Muttermilch nicht aus
Falsch! Gerade abends sind Babys häufig unruhig. Das liegt aber nicht an einem Mangel an Muttermilch. Babys wollen am Abend viel kuscheln und auch „erzählen“, wie ihr Tag war. Fakt ist, dass zum Ende des Tages der Fettgehalt der Muttermilch etwas abnimmt und Babys auch deshalb häufiger an die Brust wollen. Das ist ein normaler Prozess und hat nichts damit zu tun, dass die Milch nicht ausreicht.
Wenn dein Baby plötzlich nicht mehr an deine Brust will und das Trinken verweigert, kann es sein, dass es sich mitten im Stillstreik befindet. Der Stillstreik oder die Brustschimpfphase treten meist zwischen dem 3. und 4. Lebensmonat deines Babys auf.
# 3. Neue Milch darf im Bauch des Babys nicht auf alte Milch kommen
Falsch! Es gibt keine Untersuchungen, die belegen, dass Babys, die sehr häufig gestillt werden, mehr Bauchschmerzen haben als Babys, die seltener gestillt werden.
Es gibt sogar Phasen beim Stillen, in denen dein Baby sehr oft nach deiner Brust verlangt. Dieses sogenannte Clusterfeeding (sehr häufiges Trinken in kleinen Abständen) ist vollkommen normal und schadet deinem Baby absolut nicht – ganz im Gegenteil.
# 4. Milch ist manchmal zu dünn
Falsch! Muttermilch ist niemals zu dünn oder – das Gegenteil – zu nahrhaft. Muttermilch hat, allgemein gesehen, immer die gleiche Grundzusammensetzung. Sie passt sich lediglich den geänderten Anforderungen des heranwachsenden Kindes an.
Grob besteht deine Muttermilch aus Wasser, Milchzucker und anderen Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen. Die genaue Zusammensetzung der Muttermilch ändert sich jedoch während jeder einzelnen Stillmahlzeit.
# 5. Milch macht Milch
Falsch! Früher dachte man, stillende Mütter müssten viel Milch trinken, um ausreichend Milch zu bilden. Das ist allerdings nicht richtig. Milch versorgt uns zwar mit Kalzium und wichtigen Nährstoffen, doch diese Versorgung kann auch durch eine ausgewogene Ernährung erreicht werden.
Sich bewusst und ausgewogen zu ernähren, ist generell wichtig. Stillende Mütter sollten aber besonders auf ihre Ernährung achten, obwohl sich die Ernährung in der Stillzeit nicht zwangsläufig auf die Nährstoffversorgung des Babys auswirkt.
# 6. Die Brust muss leer getrunken werden
Falsch! Eine Brust ist niemals leer oder voll. Die Milchdrüse produziert bedarfsgerecht während der Mahlzeit die benötigte Menge an Muttermilch.
Während der ersten Schritte beim Stillen wirst du beispielsweise feststellen, dass dein Baby nur einige Milliliter Milch zu sich nimmt, obwohl deine Brust noch nicht leer ist. Das liegt daran, dass der Magen deines Neugeborenen nur in etwa so groß ist wie eine Haselnuss.
# 7. Sport macht die Milch sauer
Falsch! Stillende Mütter dürfen natürlich Sport treiben. Am besten ist ein langsam aufbauendes Training. Sehr exzessiver Sport kann den Geschmack der Milch allerdings tatsächlich etwas verändern.
Es ist verständlich, dass du nach der Geburt das Bedürfnis hast, auch etwas für dich und deinen eigenen Körper zu tun. Wie du in der Stillzeit am besten trainierst, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist, dass du dir nicht zu schnell zu viel zumutest.
# 8. Stillen verursacht Haarausfall
Falsch! Viele Frauen bekommen nach der Schwangerschaft Haarausfall, unabhängig davon, ob sie stillen oder nicht. In der Schwangerschaft verändert sich der Wachstumszyklus der Haare. Sie fallen nicht so schnell aus und bleiben länger in der Kopfhaut. Das Haar wirkt voller und voluminöser. Nach der Geburt kehrt alles wieder in seinen Ausgangszustand zurück. Die überzähligen Haare fallen nach und nach aus.
Auch andere körperliche Veränderungen bilden sich nach und nach zurück. Das wirst du sicherlich schon im Wochenbett merken, wenn dein Bauch nach und nach wieder flacher wird.
# 9. Babys schlafen nur durch, wenn sie richtig satt sind
Falsch! Satt sein hat nichts mit Durchschlafen zu tun. Für das Durchschlafen sind Reifungsprozessen im Gehirn verantwortlich, die von Kind zu Kind individuell ablaufen.
Besonders direkt nach der Geburt braucht dein Baby einige Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Schließlich hat es viel Zeit in deinem Bauch verbracht und muss sich erstmal auf der Welt zurechtfinden. Deswegen kann vor allem der Schlaf deines Babys in den ersten drei Monaten ein wenig holprig sein.
# 10. Wenn eine Frau erneut schwanger wird, darf sie nicht mehr stillen
Falsch! Das sogenannte Tandemstillen ist natürlich möglich. Das bedeutet, dass zwei Kinder unterschiedlichen Alters gestillt werden. In der Schwangerschaft kann sich allerdings der Geschmack der Milch verändern, was manchmal dazu führt, dass das ältere Geschwisterkind nicht mehr trinken möchte. Die Muttermilch ist übrigens immer an die Bedürfnisse des jüngsten Kindes angepasst. Damit das jüngere Kind die ausreichende Milchmenge bekommt, ist es wichtig, dass ihm das ältere den Vortritt lässt.
Damit dein Baby gut trinken kann und ihr beide eine gute Stillbeziehung aufbauen könnte, ist es wichtig, dass ihr für euch die richtige Stillposition findet. Dabei gibt es viele beliebte Stillpositionen, die du ausprobieren kannst.
# 11. Langzeitstillen = Verwöhnen
Falsch! Langzeitstillen (Stillen auch noch über den ersten Geburtstag des Kindes hinaus) bedeutet keinesfalls, dass ein Kind verwöhnt wird. Vielmehr ist es ein Zeichen einer sehr innigen Beziehung zwischen Mutter und Kind und bringt sogar noch einige gesundheitliche Vorteile mit sich.
Allgemein ist Muttermilch das Beste, was du deinem Baby in der ersten Zeit seines Lebens geben kannst. Mittlerweile ist sogar nachgewiesen, dass Stillkinder ein stärkeres Immunsystem entwickeln als Kinder, die nicht gestillt werden. Doch das ist nur einer der vielen Vorteile beim Stillen für Mutter und Kind. Die aktuelle WHO-Empfehlung besagt, dass ein Kind bis zum zweiten Geburtstag oder darüber hinaus gestillt werden sollte.
# 12. Stillen macht Hängebrüste
Falsch! In der Brust gibt es feine Bänder, keine Muskeln, die der Brust ihre genetisch festgelegte Form geben. Bereits in der Schwangerschaft und in den ersten Tagen nach der Geburt werden diese Bänder gedehnt. Dies führt eventuell zu einer veränderten Festigkeit der Brust. Die meisten Frauen erlangen ihre alte Brustform zurück, wenn sie ihr Ausgangsgewicht wieder erreicht haben.
# 13. Stillen macht Babys dick
Stimmt nicht! Stillbabys nehmen zwar anfangs stärker zu als Babys, die ausschließlich Ersatznahrung bekommen, aber das gleicht sich meist zum ersten Geburtstag hin wieder aus.
# 14. Muttermilch ist nach einem halben Jahr nicht mehr nahrhaft genug
Falsch! Muttermilch passt sich an die Bedürfnisse des heranwachsenden Kindes an. Mit einem halben Jahr zeigen viele Kinder Interesse am Familienessen. Dann darf gerne probiert werden, was schmeckt – am besten noch unter dem Schutz der Muttermilch.
Wann genau du mit der Beikosteinführung beim Stillkind beginnen solltest, ist natürlich abhängig davon, wann dein Baby, ob dein Baby die Beikostreifezeichen erfüllt. Bei den meisten Babys ist das ca. mit sechs Monaten der Fall, andere werden länger voll gestillt und fangen erst später mit dem Essen an.
# 15. Stillende dürfen keine blähenden Lebensmittel essen
Falsch! Experten sind sich einig, dass blähende Stoffe nicht in die Muttermilch übergehen. Sicher ist jedoch, dass Aromen wie Knoblauch oder Spargelgeschmack in der Milch nachweisbar sind. Blähungen und Bauchschmerzen werden eher durch die Unreife des kindlichen Darmes hervorgerufen.
Trotzdem gibt es bei der Ernährung in der Stillzeit natürlich einiges Wichtige zu beachten. Schließlich brauchen dein Baby und du zahlreiche Nährstoffe – damit du fit bleibst und sich dein Baby optimal entwickeln kann.
# 16. Mütter dürfen keine Zitrusfrüchte essen
Nicht ganz richtig! Früher gab es sehr strikte Einschränkungen für stillende Mütter. Heute wird empfohlen, sich ausgewogen zu ernähren und auszuprobieren, was das Baby verträgt und was nicht. Zitrusfrüchte und Früchte mit hohem Vitamin-C-Anteil können durchaus zu einem geröteten Babypopo führen. Das muss aber nicht sein. Und es wäre doch schade, wenn du auf Orangen, Erdbeeren und Co. verzichtest, obwohl dein Baby es vielleicht verträgt. Häufig ist die Menge, die du zu dir nimmst, entscheidend.
# 17. Stillen länger als sechs Monate führt zu Eisenmangel beim Kind
Reifgeborene Babys kommen tatsächlich mit Eisenspeichern auf die Welt, die in Kombination mit der Muttermilch für vier bis sechs Monate ausreichen. Die ABM (Academy of Breastfeeding Medicine) und die ESPGHAN (European Society for Pediatric Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition) empfehlen sogar ausdrücklich, auf eine Eisen-Supplementierung in diesem Zeitraum zu verzichten, insofern die stillende Mutter nicht unter Blutarmut leidet.
Für frühgeborene Babys, die nicht so viel Zeit hatten, einen Eisenspeicher anzulegen, und für Mütter mit Blutarmut gelten andere Empfehlungen: Hier ist es sinnvoll, Eisen zuzuführen. Die genaue Dosierung sollte aber immer in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt erfolgen.
Wenn das Baby Interesse am Essen entwickelt und Beikost eingeführt wird, sollte dann natürlich auch eisenhaltige Kost auf dem Speiseplan stehen. Denn eine ausreichende Versorgung mit Eisen ist nicht nur für die Gehirnentwicklung, sondern auch zur Verhinderung einer Eisenmangelanämie wichtig.
# 18. Wunde Brustwarzen sind normal
Absolut falsch! Schmerzen und wunde Brustwarzen gehören definitiv nicht zum Stillen. Wunde Brustwarzen werden meist durch falsche Anlegetechniken bzw. ungünstiges Saugen des Babys an der Brust hervorgerufen. Hier ist Hilfe durch eine Hebamme oder Stillberaterin ratsam.
Natürlich gibt es auch viel, was du selbst unternehmen kannst, wenn deine Brustwarzen beim Stillen schmerzen. Wir haben für dich 10 Tipps gegen wunde Brustwarzen gesammelt.
# 19. Kleine Brüste geben wenig Milch
Falsch! Die Größe der Brust sagt nichts über ihre Fähigkeit aus, Milch zu bilden. Ausschlagegebend ist der Anteil des milchbildenden Milchdrüsengewebes. Im Umkehrschluss bilden danach große Brüste auch nicht zwangsläufig viel Milch. Es ist möglich, dass sehr flache Brüste wenig Brustdrüsengewebe enthalten. Trotzdem kann auch eine Mutter mit sehr kleinen Brüsten ihr Baby stillen. Sie muss dann eventuell etwas häufiger anlegen.
# 20. Wenn ein Stillbaby weint, hat es immer Hunger
Stimmt nicht! Babys weinen aus vielen Gründen, nicht immer ist es Hunger. Manchmal wollen Babys auch getragen oder gekuschelt werden. Immer ist Weinen jedoch ein Signal des Kindes auf ein Bedürfnis, das gestillt werden möchte. Es ist nicht falsch, dem weinenden Baby häufig die Brust anzubieten. Absichtlich weinen können kleine Babys übrigens nicht
Wenn du dein Baby genau beobachtest, dann lernst du schnell, seine Bedürfnisse zu erkennen. Vergiss nie, dass eure Beziehung etwas ganz Besonderes ist. Und du kannst von Anfang an mit gezieltem Bonding dafür sorgen, dass dich und dein Baby für immer ein starkes Band verbindet.
# 21. Gestillte Kinder werden nie das Essen lernen
Falsch! Gestillte Kinder entwickeln im Laufe des ersten Lebensjahres Interesse am Essen der Eltern und werden ganz natürlich das Essen für sich entdecken. Dies ist eine ganz normale Entwicklung, die sich nicht aufhalten lässt. Unter dem Schutz der Muttermilch werden viele Lebensmittel zudem deutlich besser vertragen. Das natürliche Abstillalter liegt übrigens bei drei bis vier Jahren.
Doch keine Sorge: Du musst dein Baby nicht drei oder vier Jahre lang stillen. Die meisten Frauen stillen viel früher ab – und trotzdem können ihre Babys alle Vorteile des Stillens genießen.
# 22. Stillende Mütter können nicht schwanger werden
Falsch! Der Zeitpunkt des ersten Eisprungs nach der Geburt ist bei stillenden Frauen sehr unterschiedlich. Erst etwa 14 Tage nach dem Eisprung kommt es zur Regelblutung. In den Tagen dazwischen kann eine Frau, die stillt, schwanger werden.
Weil du nicht genau weißt, wann du nach der Geburt deine erste Periode wieder bekommst, kannst du also durchaus auch während der Stillzeit schwanger werden. Verhütung in der Stillzeit ist also ein wichtiges Thema.
# 23. Bei einer Brustdrüsenentzündung muss abgestillt werden
Falsch! Eine Brustentzündung ist eine Entzündung der milchproduzierenden Drüsen und/oder der beteiligten Milchgänge, meist einer Brust. Meist ist ein Milchstau vorangegangen. Abstillen würde die Symptome der Mastitis jedoch eher noch verschlimmern. Auch wenn die Mutter Antibiotika nehmen muss, ist dies kein Grund abzustillen. Die Medikamente werden nämlich so ausgesucht, dass sie mit dem Stillen vereinbar sind.
Wenn eine Mastitis rechtzeitig behandelt wird, heilt sie meist recht schnell folgenlos aus und du kannst dein Baby wieder schmerzfrei stillen. In der Zwischenzeit gibt es verschiedene Hausmittel und Medikamente, die dir das Stillen mit einer Mastitis erleichtern.
# 24. Das Baby muss immer beide Seiten trinken
Stimmt nicht! Viele Babys schwenken nach anfänglichem beidseitigem Stillen auf das einseitige Stillen um. Daran gewöhnt sich die Brust schnell. In Phasen von Wachstum und Mehrbedarf wird dann meist wieder beidseits getrunken.
Dein Baby und du werdet den Dreh gemeinsam schnell herausbekommen und auch sicher im Handumdrehen die perfekte Stillposition für euch finden. Es gibt viele beliebte Stillpositionen, unter denen sicher auch für dein Baby und dich die richtige dabei ist.
# 25. Die Mutter muss für zwei essen
Falsch! Eine stillende Mutter sollte sich gesund und ausgewogen ernähren. Der Mehrbedarf von 300 bis 500 kcal während der Stillzeit ist über kleine Snacks wie Müsliriegel oder Nüsse einfach zu decken.
Obwohl du nicht für zwei essen solltest, ist es natürlich wichtig, dass du auf deine Ernährung in der Stillzeit achtest, um deinen Nährstoffbedarf zu decken und dein Baby mit allem zu versorgen, was es braucht.