Nach der Geburt braucht dein Baby Zeit, sich in der neuen Umgebung außerhalb deines Bauches zurechtzufinden. Und genauso musst auch du dich erst an deine neue Rolle als Mama gewöhnen. Eine aufregende und herausfordernde Zeit!
von Myriam Panard, Stillberaterin IBCLC
Die ganze Schwangerschaft hindurch hast du dir wahrscheinlich ausgemalt, wie dein neues Leben mit einem Neugeborenen aussehen wird. Und dann ist dein Baby da und stellt dein Leben komplett auf den Kopf – so, wie du es dir vorher nicht hättest vorstellen können. Vor allem die ersten drei Monate nach der Geburt sind eine große Umgewöhnung – für dich, aber vor allem für dein Neugeborenes. Experten nennen diese Zeit das „vierte Trimester“, da sie diese Zeit noch zur Schwangerschaft dazuzählen. Dein Baby hat den Mutterleib zwar verlassen, aber es muss sich auch außerhalb deines Körpers noch entwickeln, um überlebensfähig zu sein.
Dein Baby muss erst einmal ankommen
Dein Kind ist nach der Geburt völlig hilflos. Anders als einige Tierbabys kann es weder laufen noch sich selbst versorgen. Im Gegenteil: Es hat nur seine natürlichen Instinkte und Reflexe, die ihm helfen, sein Verhalten und seine Bewegungen zu kontrollieren. Mit seinen bereits ausgebildeten Sinnen erkennt es dich vom Tag der Geburt auch in der neuen Umgebung – durch deinen vertrauten Geruch und deine Stimme. Dennoch sind die ersten Wochen für dein Kind eine wirklich herausfordernde Zeit.
Dein Baby sehnt sich danach, sich wieder so wie in deinem Bauch, dem ihm bekannten und geschützten Raum, zu fühlen. Es ist darauf angewiesen, dass du all seine Bedürfnisse erfüllst – es fütterst, wenn es Hunger hat und ihm Liebe, Nähe und Aufmerksamkeit gibst. Vor allem dem Stillen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Wenn du dein Kind anlegst, fühlt es sich ähnlich wohl wie früher im Mutterleib. Stillen ersetzt im übertragenden Sinne deine Gebärmutter. Es nährt und schützt dein Neugeborenes.
Auch du brauchst Fürsorge!
Doch nicht nur für dein Baby sind die ersten Wochen eine Zeit der Umstellung. Auch für dich als frischgebackene Mutter stellt dieses vierte Trimester emotional wie körperliche eine große Herausforderung dar. Du möchtest dein Kind beschützen und alles richtig machen. Neben den überwältigenden Gefühlen, die die Geburt eines Babys mit sich bringen, bist du aber rund um die Uhr – und vor allem durch den Schlafmangel – gefordert.
Oft bist du übermüdet und bräuchtest eigentlich Zeit, um dich von den Anstrengungen der Schwangerschaft und Geburt zu erholen. Doch die Zeit zum Krafttanken nimmst du dir naturgemäß jetzt nicht. Du tust vielmehr alles dafür, um eine perfekte Mutter zu sein. In den ersten Tagen bist du wahrscheinlich übermäßig aufmerksam – und horchst bei jedem noch so kleinen Geräusch deines Kindes auf. Alle paar Minuten kontrollierst du, ob dein Baby noch atmet oder bist in Gedanken schon beim Stillen, obwohl dein Baby noch schläft. Das ist ganz normal!
Nimm Hilfe an!
Zudem bist du emotional stark gefordert. Du musst dich in deiner neuen Rolle als Mutter erst zurechtfinden – und zum Beispiel mit den vielen gutgemeinten, widersprüchlichen Ratschlägen zum Stillen, Schlafen oder zur Babypflege klarkommen, mit denen dich dein Umfeld versucht zu unterstützen. Zu viele solcher Ratschläge oder gar Kritik können dich extrem verunsichern. Und wenn du dann auch noch im Internet oder in Babybüchern nach schnellen Lösungen suchst oder nachts grübelnd wachliegst, kann das deine emotionale Anspannung und Verunsicherung noch verschärfen.
In solchen Situation können dir zwei Dinge helfen:
- Bau eine möglichst intensive Bindung zu deinem Kind auf – über das Stillen, das Tragen im Tuch und so viel engen Körperkontakt wie nur möglich. Vertraue auf dich und dein Bauchgefühl und die Zeichen deines Kindes.
- Nimm mit gutem Gewissen Hilfe von deinem Partner, der Familie und engen Freunden an. Ganz gleich, ob es darum geht, dir einen Tee oder eine Suppe zu kochen, einzukaufen oder ältere Geschwister aus dem Kindergarten abzuholen. So hast du mehr Zeit, dich ausschließlich um dein Neugeborenes und um dich zu kümmern. Wenn deine Familie zu weit weg wohnt und du sonst keine Unterstützung bekommst, bieten auch die Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen eine bezahlte Hilfe an.
Vertraue darauf, dass die erste Zeit der emotionalen Unsicherheit und körperlichen Erschöpfung vorübergeht und von einem geregelteren Alltag abgelöst wird – der dir deine gewohnte Selbstsicherheit zurückbringt. Nach und nach werden du und dein Baby immer entspannter. Klar wirst du auch weiterhin sicher noch müde sein, und dein Baby wird dich voll beanspruchen. Aber eure Routine miteinander wird dafür sorgen, dass ihr zu einem Team zusammenwachst und diese Zeit gemeinsam meistert.