Babys sind kleine Entdecker und erkunden ihre Umwelt mit all ihren Sinnen – und das bereits im Mutterleib. Die sinnlichen Wahrnehmungen sind der Ursprung jeder Erfahrung, durch die dein Kind die Welt verstehen lernt. Es fühlt und berührt, es träumt, macht Erfahrungen und reagiert auf Reize. Dein Baby nimmt seine Umwelt nicht mit einzelnen Sinnesorganen wahr, sondern mit seiner ganzen kleinen Persönlichkeit, zu der auch Gefühle, Erwartungen, Erfahrungen und Erinnerungen gehören.
Was dein Baby schon im Mutterleib wahrnimmt?
- 9. Schwangerschaftswoche: Dein Baby reagiert bereits auf Berührungsreize, obwohl es gerade mal so groß wie eine Kirsche ist. Als Erstes kann es fühlen und tasten.
- 13. Woche: Der Fötus kann bereits am Daumen lutschen.
- 17. bis 20. Woche: Das Kind hat noch viel Platz und bewegt sich gern wild. Dabei trainiert es sein Körpergefühl und entdeckt seine aufregende und schützende Umgebung. Als Mama wirst du die Abenteuer deines Babys in deinem sichtbar wachsenden Babybauch bald spüren.
- 21. bis 24. Woche: Der Fötus kann erstmals Geräusche wahrnehmen.
- 25. bis 27. Woche: Das Kind nimmt Lichtreize wahr und reagiert darauf.
- Ab der 28. Woche: Bis auf die Lunge sind alle Organe fast vollständig entwickelt. Auch riechen und schmecken kann dein Kind schon.
- Ab der 37. Woche: Seine Bewegungen sind kräftig, aber etwas seltener als vorher, weil es immer weniger Platz in deinem Bauch hat. Das Kind trinkt täglich etwa 400 Milliliter Fruchtwasser. Das Fruchtwasser wird alle drei Stunden erneuert und enthält Duftmoleküle der Mutter. Dein Baby kennt deinen Geruch also schon, bevor es seine Reise nach draußen antritt.
Eure Frühe Bindung
Kaum geboren, sucht und erkennt dein Baby sofort deinen vertrauten Geruch und findet ihn auf deiner Haut, an deiner Brust und im Geschmack der Muttermilch. Es hört dein Herz schlagen und spürt deine Wärme. Weil du ihm bereits so vertraut bist, fühlt es sich in deiner Nähe so sicher und geborgen. Intensiver Hautkontakt beruhigt es und fördert die besondere Bindung zwischen euch, auch Bonding genannt. An deinem Baby haftet nach der Geburt der Geruch des Fruchtwassers und gibt ihm Orientierung in der noch fremden und plötzlich so vielfältig duftenden Welt. Das ist einer der Gründe dafür, warum du dein Baby nach der Geburt nicht sofort waschen solltest.
Gerüche prägen die Erinnerung
Fühlen, Riechen und Schmecken gehören zu den körpernahen Sinnen des Kindes und sind bei Neugeborenen viel stärker ausgeprägt als das Sehen und Hören, die sogenannten körperfernen Sinne. Babys werden bereits mit einem sehr ausgeprägten Geruchssinn geboren. Dein Baby erkennt dich an deinem Körpergeruch und kann sogar schon verschiedene Personen am Geruch voneinander unterscheiden.
Übrigens! Nicht nur Babys reagieren auf den Geruch der Mutter positiv, sondern auch Eltern erkennen ihre Kinder am Geruch.
So stimulierst du die Sinne deines Babys
Dein Kind nimmt dich als Ganzes wahr: Es fühlt, riecht, schmeckt, hört und sieht dich. Alle Sinneswahrnehmungen zusammen bilden „Mama“. Die Sinneseindrücke der ersten Tage prägen dein Baby nachhaltig. Im Laufe der Entwicklung wird es lernen, einzelne Sinneseindrücke zu differenzieren und auch isoliert wahrzunehmen.
Riechen – Dein Brustwarzenhof ist von den sogenannten Montgomery-Drüsen umgeben. Sie sondern deinen individuellen „Mama-Duft“ ab. Deshalb solltest du deine Brust nur mit Wasser abspülen. Bitte verwende nur parfümfreie Duschgele, Seifen und Öle sowie Brustwarzensalben ohne Eigengeruch! Beim Stillen ist dir dein Baby besonders nah und riecht deine Haut sehr intensiv. Gestillte Kinder haben einen klaren Vorteil, da sie bei der Nahrungsaufnahme mit ihren sensiblen Lippen die warme Brust finden und dabei ständig in den Genuss des vertrauten Geruchs kommen.
Säuglinge – auch wenn sie nicht gestillt werden – lassen sich leichter beruhigen, wenn sie die Haut der Mutter spüren und riechen können.
Wisstest du, dass Rauchen den Geschmackssinn zerstört ?
Studien zeigen: Fast 80 Prozent aller Raucher haben weniger gute Geschmackssinne als Nichtraucher. Das liegt an den Geschmacksknospen auf der Zunge, die durch das Rauchen verkümmern. Wer mit dem Rauchen aufhört, merkt schon nach drei Tagen, dass der gute Geschmackssinn wieder zurückkehrt.
Passiv mitrauchende Babys werden, abgesehen von den bekannten gesundheitlichen Schädigungen, auch in ihrer Geruchswahrnehmung eingeschränkt. Sorge deshalb dafür, dass niemand in den Räumen raucht, in denen sich dein Baby aufhält!
Fühlen – Für Neugeborene ist die Wahrnehmung über die Haut, die Lippen und die Zunge die wichtigste überhaupt. Ihr empfindlicher Mund
ist perfekt ausgerüstet, um die warme Brustwarze zu finden. Lege dein Baby nackt auf deinen bloßen Oberkörper und decke euch beide zu. Die Nähe und die Wärme werden dein Kind beruhigen. Wunderbar entspannend für das Baby ist auch ein gemeinsames Bad, bei dem es auf deinen Schenkeln oder denen des Papas liegt –umspült vom warmen Badewasser. Das Spüren des eigenen Körpers, also Empfindungen durch die Bewegung der Muskeln und Gelenke, sowie der Gleichgewichtssinn gehören zur ganzheitlichen Sinneswahrnehmung des Babys. Das kannst du unterstützen, indem du dein Baby nah an deinem Körper trägst.
Sehen – Ein Neugeborenes sieht anfangs nicht viel, sein Blick wandert in den ersten Tagen eher ungezielt herum. Es kann nur etwa bis zu einer Entfernung von 20 Zentimetern scharf sehen, das ist ungefähr der Abstand zwischen deiner Brust und deinem Gesicht. Am liebsten schauen Babys in lachende Gesichter. Intensive Farben und starke Kontraste nehmen sie bald wahr und diese wecken ihr Interesse am Sehen.
Hören – Das Hörvermögen von Neugeborenen ist bereits gut ausgeprägt. Babys mögen besonders gern hohe Töne. Deine Stimme kennen sie sogar schon aus dem Mutterleib. Singe deinem Baby Kinderlieder vor. Dabei ist es völlig unwichtig, wie gut du singen kannst. Ein entspanntes Baby wird seine ganze Aufmerksamkeit auf die Geräuschquelle richten und lauschen.
Du wirst staunen, wie schnell dein Baby mit seinen fünf Sinnen die Welt entdeckt. Du solltest aber darauf achten, dass es nach vielen Sinneseindrücken immer wieder Ruhepausen hat, um diese zu verarbeiten – am besten in einer eher reizarmen Umgebung wie in einem abgedunkelten Raum, bei Schummerlicht oder leiser Musik.
Es ist toll, dein Baby dabei zu beobachten, wie es sich die Welt erobert. Gemeinsam mit ihm wirst auch du vieles noch einmal mit ganz neuen Augen sehen.
Wir wünschen euch eine tolle gemeinsame Entdeckungsreise!
Hier Infoblatt als PDF "Mama, du riechst so gut" herunterladen.
Martin Dornes: Der kompetente Säugling. Die präverbale Entwicklung des Menschen. 1994
Kay-Uwe Fock: Sich in der Welt zurechtfinden – Wie entwickelt sich die kindliche Wahrnehmung? In: Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik. 2004
Renate Zimmer: Handbuch der Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung. 2012