Getragen werden ist wie Stillen ein Grundbedürfnis von Babys. Unser Themenblatt beschäftigt sich mit den Vorteilen des Tragens, mit typischen Tragehilfen und gibt Beispiele, wie einfach sich der Alltag durch das Tragen des Babys gestalten lässt.
Bonding – Stillen – Tragen
Kommt das Baby auf die Welt, bleibt es im Normalfall bei der Mutter, für viele Stunden, bis sich beide beschnuppert haben und das Baby seinen Weg zur Brust gefunden hat. Man nennt das Bonding, es geht dabei um Geborgenheit, Erkennen und Wiedererkennen, um Riechen, Schmecken und Fühlen. Dieser Kennenlernakt zwischen Mutter und Kind ist nicht nur im Geburtshaus gang und gäbe, Bonding findet heute auf fast jeder Entbindungsstation seine Anhänger.
Mit gutem Grund:
Bonding – Stillen – Tragen, das ist ein Dreiklang. Eines führt zum anderen: Weil es Eltern den Start mit ihrem Baby einfacher macht, wird das Bonding durch Fachpersonen wie Hebammen und Kinderärzte unterstützt. Weil Stillen und Tragen normale Bedürfnisse jedes Säuglings sind, wird beides gefördert und von Fachkreisen empfohlen. Keines davon ist Pflichtprogramm – und sicher wird auch alles gut, wenn ein Baby, das geliebt wird, kein Bonding hatte, mit der Flasche groß gezogen und im Kinderwagen geschaukelt wird. Es handelt sich eher um intuitive Empfehlungen, denen wir vertrauen dürfen: das Kind nach der Geburt bei sich zu behalten, es saugen zu lassen, es auf den Arm zu nehmen und zu tragen.
Einfach nah dran
Eltern, die ihre Babys tragen, halten engen Kontakt und lernen ihr Baby sehr rasch kennen. Sie werden selbstsicherer, wenn Sie die Signale ihres Babys hautnah mitbekommen. Und Sie können darauf reagieren, bevor das Baby weint. Es ist ein gutes Gefühl, seine eigene Kompetenz im Umgang mit dem Baby zu erleben! Jede Minute, die Ihr Baby weniger weint, werden Sie stärker und entspannter. Auch für Väter ist insbesondere das Tragen ein einfacher Weg um eine innige Beziehung zum Baby aufzubauen. So könnte beispielsweise die „Arbeitsteilung“ der gemeinsamen Zeit zuhause so aussehen, dass die Mutter stillt und der Vater trägt.
Einfach gesund
Beim Tragen hat Ihr Baby alles, was es liebt, in unmittelbarer Nähe: Ihren Geruch, Ihre Wärme, Ihre Bewegung, Ihre Stimme. Die Anatomie des neugeborenen Kindes mit gerundetem Rücken und angehockten Beinchen ist zum Tragen gemacht. Die Rundung des Rückens unterstützt das Getragenwerden, entspannt die Wirbelsäule und verhindert das Wegkippen. Im Laufe des ersten Lebensjahres streckt sich die Wirbelsäule. Abgeschlossen ist dieser Prozess aber erst, wenn das Kind frei und selbständig laufen kann.
Sogar Neugeborene können schon auf den Rücken gebunden werden. Sie nehmen auch dort die physiologisch korrekte Haltung ein und Ihr vorderer Aktionsradius bleibt komplett frei. Lassen Sie sich die Bindeweise von einer Trageberaterin zeigen.
Einfach praktisch
Beim Tragen mit Tuch oder Tragehilfe bleiben die Hände frei für die Hausarbeit, für ältere Geschwister, zum Essen und Trinken. Sie kommen überall durch und überall hinein: Bus und Bahn, Treppen und enge Wege oder Stege sind kein Hindernis. Das Tuch kann außerdem als Sicht- oder Sonnenschutz beim Stillen unterwegs dienen; es kann Wickelunterlage, Hängematte und mobiles Bettchen sein. Und beim Einkaufen? Hier scheint der Kinderwagen seine unwidersprochene Berechtigung zu erhalten, denn wohin mit den schweren Einkäufen, wenn man schon das Baby trägt? Wir schlagen einen praktischen Einkaufstrolley vor, der sich einfach hinterherziehen lässt.
* * *Tragetuch
Hauptmerkmal: Allrounder von der Geburt bis zum Ende der Tragezeit. Das Tragetuch kann immer individuell den Bedürfnissen und dem Alter/ der Größe angepasst werden. Die Wickeltechnik muss erlernt werden.
Sling
Hauptmerkmal: Kind hockt auf der Hüfte, große Flexibilität für Träger und Kind. Schnelle Alternative für den Haushalt, den Weg vom Auto in den Supermarkt, praktisch bei Geschwisterkindern, die noch Hilfe brauchen. Einseitige Belastung, nichts für lange Ausflüge.
Tragehilfe
Hauptmerkmal: schnell und bequem. Praktische Alternative, wenn bereits viel zwischen Krabbeln, Laufen und Tragen gewechselt wird. In der Regel erst ab Sitzalter bedenkenlos einsetzbar. Achtung: Die Tragehilfe wird gern von Geburt an ausgelobt, hat aber oft einen für die ersten Wochen zu breiten Steg.
Mei Tai
Hauptmerkmal: wie eine Tragehilfe, wird jedoch gebunden und ist dadurch passgenauer. Verbindet die Vorteile eines Tragetuchs mit dem einfachen Handling einer Tragehilfe. Maximal zwei unterschiedliche Größen: wahlweise „babysize“ oder „toddlersize“.
Hinweis für Tragehilfen und Mei Tai: wenn der Steg noch zu breit ist, das Baby bitte nicht samt Beinchen in den Beutel setzen. Bewegungsstöße werden über die Füße/Beine auf die Wirbelsäule übertragen und können nicht abgefedert werden wie in der hockenden Haltung.
* * *Darauf sollten Sie beim Binden und Tragen achten
Umso jünger das Baby, umso besser müssen Rücken und Köpfchen gestützt werden. Deshalb ist ein Tuch in den ersten Wochen und Monaten ideal, denn es kann genauer gebunden werden, als eine (eventuell zu große) Tragehilfe. Babys haben eine angeborene Anhock-Spreiz-Stellung der Beinchen. Beim Tragen bedeutet das, die Knie befinden sich in Höhe des Bauchnabels und die Spreizung der Beinchen entspricht etwa einem rechten Winkel. Das Baby macht also weder Spagat, noch baumeln seine Beine hinab. Der Steg, der durch das Tuch oder die Tragehilfe gebildet wird, reicht idealerweise von Kniekehle zu Kniekehle. Durch das Tragen kann die gesunde Entwicklung der Hüftgelenke unterstützt werden. Der Kinderarzt guckt sich bei der U3 die Ausreifung der Hüfte genau an. Dabei wird das anatomisch richtige Tragen häufig therapeutisch empfohlen.
Übrigens: Kinder, die mehr sehen wollen (um den 4. Monat), kann man prima auf der Hüfte tragen oder auf den Rücken binden. (siehe Fotos) Das Baby mit Blickrichtung nach vorne zu setzen, sollten Sie lieber vermeiden! Die Kinder erhalten dadurch zu viele ungeschützte Eindrücke und können sich nicht abwenden und verstecken. Außerdem werden Rücken und Hüften falsch belastet.
In vielen Städten und Gemeinden gibt es Trageberaterinnen, die das Binden des Tuches oder ganz allgemein die Auswahl einer geeigneten altersgemäßen Tragehilfe beraten können. Fest steht, dass es heute ausreichend viele Möglichkeiten gibt, sein Baby praktisch, bequem und stylisch zu tragen, wie auch unsere Foto-Beispiele des Tragetuch- und Tragehilfen-Herstellers KOKADI eindrucksvoll zeigen.
Wir bedanken uns bei Bianca Ellerich, Trageberaterin in Berlin, die mit vielen, hilfreichen Tipps die Entstehung dieses Themenblattes begleitet hat. Und der Firma KOKADI danken wir besonders für die schönen Fotos.